11
Sep
2011

Einer ist immer der Schuldige

Was klagst du über Gott? / Du selbst verdammest dich! /
Er möcht' es ja nicht tun, / das glaube sicherlich.
(Angelus Silesius)


Wir zweifeln an dir, Gott!
Wärst du allmächtig, ewig, groß
und wärest kalt und gnadenlos,
verdientest du nur Spott.

Denn sähest du nicht, Gott,
wie Hinz und Kunz dein Banner trägt,
in deinem Namen Schlachten schlägt,
und übrig bleibt nur Schrott?

Und hörtest du nicht, Gott,
wie Tiere schreien voller Qual,
wie Kinder weinen ohne Zahl
vor ihrem leeren Pott?

Bist du längst tot, oh Gott,
warst Ausgeburt der Fantasie
von Narren, die gebeugt ihr Knie
vorm Kreuz und am Schafott?

Es wird wohl so sein, Gott:
Wir werden selber schuld dran sein
und trotten trostlos und allein
dahin im Lemmingstrott.
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4
Sep
2011

Von Geistern (Fortsetzung)

Es nennt sich als Gespenst das Weib
"Die Dame ohne Unterleib".
Der Mann, verfolgt vom Flaschengeist,
sich jetzt wohl in die Hosen scheißt.

Doch lag nicht damals in der Luft
ein süßer, ganz besondrer Duft
nach Weihrauch, Wind und Wüstensand
vom märchenhaften Morgenland?

Und tanzten sie nicht nächtelang,
bis morgens früh die Amsel sang,
bis ihm ihr Hut zu Füßen fiel,
sie ihm verfiel im Liebesspiel?

Ach, reichte sie ihm nicht die Hand
an jenem Wintertag am Strand,
und wurde ihr nicht herrlich warm,
geschmiegt an seinen starken Arm?

Das sollte alles Lüge sein?
Da geistert sie doch ganz allein
am liebsten durch ihr Kämmerlein
und zieht sich Gruselfilme rein.
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30
Aug
2011

Muammar

Es lebte ein Oberst in Tripolis,
sie sagten von ihm, er sei richtig fies,
würd er endlich sterben,
könnt man ihn beerben,
worauf er sich erst mal nicht blicken ließ.
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26
Aug
2011

Petrol, Königin der Wüste - Petrol, Queen of the Desert

Petrol, Königin der Wüste

Petrol, du schönste Königin der Wüste,
gezeugt in alten, sagenhaften Zeiten,
du dunkle Venus, einst dem Meer entstiegen,
so anmutig und kraftvoll wie die Schlange,
schwarzgolden schimmernd in der heißen Sonne.

So groß warst du, so mächtig und so edel,
rasch eilten sie herbei, dich zu besiegen,
die Krieger kamen, nahmen dir die Ehre,
die Räuber raubten alle deine Schätze,
die Häscher trieben dich zum Markt als Sklavin.

Du bist so müde, schwer sind deine Schritte,
dein Haar ist schütter und du ringst nach Atem,
ganz mager bist du, nur noch Haut und Knochen,
bald werden sie dich finden, die Verfolger,
verbraucht, versiegt, verreckt im Wüstensande.

Petrol, Queen of the Desert

Queen Petrol, fairest beauty of the desert,
descended from the old fantastic ages,
dark Venus, risen from the mighty ocean,
your graceful body moving like a serpent,
which glisters in the sunshine black and golden.

As you were powerful and great and wealthy,
they rushed to you in order to defeat you,
the warriors came and left you in dishonour,
the robbers plundered all your golden treasures,
the traders drove you fettered to the market.

You are so tired, clumsy are your footsteps,
your hair is thin, your breath is short and painful,
you are as skinny as the poorest bastard,
and finally the henchmen, they will find you,
used up, run dry, wiped out there in the desert.
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21
Aug
2011

Von Geistern

Er war von jener Sorte Mann,
die nach den Sternen greifen kann,
die alles kennt und alles weiß,
sehr geistreich, etwas naseweis.

Ein Kavalier und ein Charmeur,
ein Bonvivant, ein Hasardeur,
der schon die halbe Welt bereist
zusammen mit dem Flaschengeist.

Von jener edlen Sorte Mann,
mit der man Pferde stehlen kann.
Ihr guter Geist seit Tag und Jahr,
bis es auf einmal Liebe war.

Aus Liebe wurde Leidenschaft,
so herrlich wild und lasterhaft.
Doch schon nach ziemlich kurzer Zeit
gab es statt Küssen bösen Streit.

Was übrig blieb? Nur Hass und Wut,
vieltausend Tränen, kaltes Blut.
Sie irrt nun als Gespenst umher
auf ihrem Weg ins Nimmermehr.
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18
Aug
2011

Die Gedanken sind frei

Die Gedanken sind frei,
wer kann sie erraten?
Die grüne Polizei
vollbringt diese Taten.

Ihre Staatsschnüffelei
nach den Terroristen
beschert uns nebenbei
ein paar schwarze Listen.

Und selbst der Demokrat
bleibt hängen im Raster,
nur weil er abends hat
geraucht seinen Knaster.

Terroristen sind wir,
wenngleich potentielle,
ist erst gesetzlich hier
der Notstand zur Stelle.

Die Gedanken sind frei,
doch muss man drum kämpfen
mit einem Osterei
und mit Argumenten.
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28
Jul
2011

Das Massaker von Tlatelolco

Neunzehnhundertachtundsechzig
fand in Mexico Ciudad
feierlich, pompös und prächtig
die Olympiade statt.

Damals gab es für Millionen
Hungerlöhne, keine Renten.
Es kam zu Protestaktionen
mexikanischer Studenten.

Presidente Ordaz fragte,
was zu tun sei in der Not,
worauf Uncle Sam ihm sagte:
"Schlag die Ratten einfach tot!"

Und mit Panzern und Gewehren
nahten fünfzehntausend Mann,
um den Unrat fortzukehren,
und das Massaker begann.

An dem Platz der Drei Kulturen
klebt noch der Studenten Blut.
Folg ich heute ihren Spuren,
zieh ich traurig meinen Hut.
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23
Jul
2011

Der Bastard

Ich bin es, die du heimlich nachtgeboren,
im Fliederschatten wurde ich gezeugt,
von fern drang Glockenklang an Sünderohren,
verfemt bin ich, von Düsternis gebeugt.

Die Morgenröte lag auf deinen Wangen,
die Liebe währte einen Flügelschlag.
Bin lebenslang durch Höllen nur gegangen,
empfing von harter Hand so manchen Schlag.

Es locken die Unendlichkeiten oben,
durch Nebelweben leuchtet heller Schein.
Ich gehe in den Tag, noch traumverwoben,
wohl eingedenk, es wird mein letzter sein.
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Verlorenes Paradies

Halbe Frau

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