13
Nov
2010

Dinner for two

Ich stell dir gern das Essen hin,
doch warn ich dich: Ich bin Hartz vier.
Vielleicht ist’s ja ein Lustgewinn
für dich, zu mampfen wie ein Tier.

Pro Tag gönnt mir dafür das Amt
elfkommasechsundneunzig Euro.
Die hau ich für uns allesamt
jetzt auf den Kopf, pfeif auf den Teuro.

Pasta von Aldi gibt es heut
mit etwas analogem Kas.
Ich weiß, mein Schatz, wie dich das freut,
so beißt du erst mal nicht ins Gras.

Als Nachtisch rühr ich Pudding an
mit H-Milch, so etwas von lecker!
Aus Plastikflaschen gibt es dann
zwei Bier mit Waffelbruch vom Bäcker.

Bist du dann satt, so ruh dich aus
auf meiner weichen Schaumstoffmatte
und fühl dich grad so wie zu Haus
bei mir und meiner grauen Ratte.
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12
Nov
2010

Wahrheiten

Sie wissen nicht, wie’s weitergeht,
die kapitalen Luschen,
verordnen schnell noch per Dekret
den "Assis", kalt zu duschen.

Sie schaufeln sich die Taschen voll,
die Armen müssen fasten.
Der Arbeitnehmer trägt, wie toll,
die finanziellen Lasten.

Glasperlen, bunt, sind unser Lohn,
der Schrott wird zum Bedürfnis.
Dem Sündenbock gilt unser Hohn,
darauf folgt das Zerwürfnis.

Wir sitzen auf dem Pulverfass,
es ächzt und stöhnt die Erde.
Sie wird regiert von Gier und Hass,
auf dass es dunkel werde.

Den Super-Gau, den will ich nicht,
will noch ein bisschen leben.
Schon deshalb ist es meine Pflicht,
mich endlich zu erheben.
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25
Okt
2010

Humboldthain im Herbst

Humboldthain2

Die Bäume tragen Festtagsstaat,
der Wind zerzaust die goldnen Kronen.
Ich möchte in den Wipfeln wohnen,
wo's Eichhorn seine Bleibe hat.

Am Bunker balanciert ein Mann
auf einem Seil über den Himmel,
am Aussichtsturm herrscht viel Gewimmel
und alle feuern ihn laut an.

Auf einer Lichtung lässt ein Kind
den selbstgebauten Drachen steigen,
der kann uns Pirouetten zeigen
bei seinem wilden Tanz im Wind.

Der Rosengarten ist schon zu,
es leuchtet purpurn durch die Gitter.
In diesen Tagen naht kein Ritter,
Dornröschen hat nun seine Ruh.

Ich schlurfe durch das bunte Laub,
es raschelt unter meinen Füßen.
Ich will noch rasch die Toten grüßen,
die Urnen, angefüllt mit Staub.

(Bild: Thomas Wenzl, Humboldthain, "Diana mit Windhunden" von Walter Schott)
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16
Okt
2010

Achtundachtzich - Ochenta y ocho

Achtundachtzich

Sarrazin hat’s angefangen,
er ist stramm nach rechts gegangen
und das Volk, es folgte ihm.
Schluss mit Eia und Popeia!
Nach der großen Jubelfeier
wurde es erneut intim.

Unsre Leitkultur soll leben!
Nach dem deutschen Wesen streben
sei des Knoblauchfressers Pflicht.
Drum soll er in Käsemauken
stur SS-Schreibregeln pauken,
sonst ist unsre Grenze dicht.

Statt sich in Moscheen zu tummeln,
an den Kopftuchfraun zu fummeln,
zu kassieren Lohnersatz
soll für lau er feste schuften
oder lieber gleich verduften -
auch von unserm Fußballplatz!

Kauft nicht im Gemüseladen!
Türkisch Grünzeug bringt nur Schaden,
Schweinefleisch gibt Lebenskraft.
Haut zu Klump den Muselmanen!
Unser Deutschland dem Germanen,
der das Weltreich neu erschafft.

Bundeskanzlerin A. Merkel
hielt ich früher für ein Ferkel,
heute zieh ich meinen Hut.
Schönen Dank und Achtundachtzich!
Unser Vaterland, das macht sich,
bald wird alles wieder gut!

Ochenta y ocho

Sarrazin ha empezado
a marchar tenso hacia la derecha
y el pueblo le sigue...
¡Ya basta con los arullos!
Después de la gran fiesta de reuniones
el pueblo alemán volverá íntimo.

¡Viva la nuestra civilización dominante!
Aspirar a la Alemanidad
será como la obligación de tragar ajo.
Por eso deben empollarse en zapatillas pequeñas
las normas de ortografía de las «SS» tozudamente,
si no, nuestra frontera será cerrada.

En lugar de bullir en las mezquitas,
manosear a las mujeres veladas,
cobrar las prestaciones compensatorias
debe doblarse el lomo
o mejor esfumarse ahora mismo –
del nuestro campo de fútbol tambien.

¡Alemanes! ¡No compréis del verdulero!
La verdura turca solo aumenta la salud,
la carne de cerdo da vitalidad.
¡Pican el musulmán!
Desde muestra Alemania, al Germano
se le recrea el imperio universal.

La Canciller federal Ángela Merkel,
antes me parecía un conchinillo;
ahora, me descubro ante ella.
¡Muchas gracias! Y 'ochenta y ocho'!...
Nuestra patria toma un rumbo favorable,
dentro de poco todo llegará a ser bueno.
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14
Sep
2010

Sonett für María

Rosenstrauch

Es war schon Herbst in Ost-Berlin,
der Tag war regennass und grau,
da kam von Süden eine Frau,
und siehe da: Die Sonne schien.

Ihr Wort war Tat, war Poesie,
und in der dicken Großstadtluft
lag süßer, schwerer Rosenduft,
als hell von fern ein Falke schrie.

Als wir gelobten: "Nunca más!"
Die Welt, wie einst Ramona schrieb,
sei niemals mehr regiert vom Hass.

Ich hatte sie von Herzen lieb,
die Frau von den Canarias,
von der uns noch ein Lachen blieb.

(Bild: Helene Stromeyer, Rosenstrauch am Brunnen)
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7
Sep
2010

Ex

Schiele2

Sie lebt seit Jahren schon allein,
doch will der Ex stets bei ihr sein,
bei ihr zu Haus ist’s richtig nett,
bald ist er wieder dick und fett.

Er suchte einen Heimathafen,
doch muss er jetzt alleine schlafen.
Diplom und Job bekam die Ex
und einen reichen Kerl zum Sex.

Da kamen Sie und Er zusammen,
ihr ganzer Körper stand in Flammen,
als seine glühend heiße Hand
den Weg zu ihr, zu ihr nur fand.

Nun preisen sie das Single-Dasein,
und wollen sie sich manchmal nah sein,
genießen sie den schönsten Sex
und pfeifen auf die beiden Ex.

(Bild: Egon Schiele, Liebespaar)
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30
Aug
2010

Amazone auf Abwegen

Rohlfs1

Die Amazone ritt zur Schlacht,
verirrte sich in dunkler Nacht,
fand nicht den Weg zum Heer zurück,
da kam ein Reiter, welch ein Glück!

Sogleich bot ihr der kecke Mann
zur Stärkung Brot und Obdach an.
Er küsste sie intim im Zelt,
und sie vergaß die ganze Welt.

Vergaß der Ersten Mütter Wort:
Jag jeden Mann vom Lager fort,
auf dass du nur den Samen kriegst
von dem, den du im Kampf besiegst.

Denn Jener fiel nicht auf die Knie,
er stürzte sich sogleich auf sie.
Sie fand es gar nicht mal so schlecht,
dass er ihr Herr war und kein Knecht.

Das Lager war noch feucht und warm,
sie löste sich aus seinem Arm,
zog in das Morgenrot hinaus
zum Kampf, zum Sieg, zur Mütter Haus.

(Bild: Christian Rohlfs, Die Amazone)
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20
Aug
2010

Carpe diem!

adelita

Steig ich am Morgen aus dem Bett
und blinzel in das Grau hinaus,
weiß ich, der Tag wird gar nicht nett,
am liebsten blieb ich gleich zu Haus.

Mach mich stattdessen auf den Weg
und schlurfe lustlos zum Büro,
weiß wohl, wenngleich ich krumm mich leg,
bleibt mir kein Euro Ultimo.

Und trotzdem bin ich Hans im Glück,
muss ja nicht zum Sozialamt gehn,
ess von dem Brot ein großes Stück
und muss auch niemand hungern sehn.

Muss nicht mit ansehn, wie die Welt
allmählich vor die Hunde geht,
da sie, geschmiert vom großen Geld,
sich noch ein wenig weiterdreht.

Ob Kirchenfürsten, Kapital,
ob Meinungsmacher, Mafia,
sie mästen sich allüberall,
und ich sitz still und schweigend da.

Nicht mehr mit mir! Ich misch mich ein,
damit das Spiel ein Ende hat.
"Rien ne va plus!" hört man sie schrein,
und alle werden endlich satt.

Nun will ich ruhig schlafen gehn,
weiß ja, dass ich was ändern kann.
kann hell die Sterne funkeln sehn
bis weit über den Ozean.

(Bild: Celso Subire, Adelita en el Metro)
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