7
Okt
2012

Backe, backe, Kuchen!

Heute gehe ich nicht aus.
Lieber bleibe ich zu Haus.
will im hellen Vollmondschein
eine Knusperhexe sein.

Werde zeigen, was ich kann.
Back mir den perfekten Mann!
Die Idee ist ganz famos.
So, die Zauberei geht los:

Binde mir ein Kopftuch um,
Kätzchen macht den Buckel krumm,
schließ die Tür vor Horch und Guck,
rufe nach dem kleinen Muck.

Der schafft mir geschwind herbei
wundervolles Allerlei.
Lirum, larum, Löffelstiel,
in den Napf kommt ziemlich viel:

Blaue Augen von James Dean,
braune Haut von Steve McQueen,
Nasenflügel von Pierre Brice,
Rorys Lippen hönigsüß.

Die Figur von 50 Cent,
die Frisur von Cary Grant,
Mut von Muhammed Ali
und von Einstein das Genie.

Etwas Schwermut von Klabund,
von Villon der freche Mund,
von Karl Valentin der Witz
und Nurejews Zehenspitz.

Von van Helsings Blut ein Schuss,
drüber Mozarts Zuckerguss.
Damit in den Ofen nun,
Satan wird das Seine tun!

Durch die dicke Küchenluft
zieht ein feiner Kuchenduft.
Hokus, Pokus, Fidibus,
werde mir ein Hochgenuss!

Aus dem Herd ertönt ein Schrei.
Hurtig eile ich herbei,
zieh ihn aus dem heißen Loch.
Ei, wie knackig ist er doch!

Rede mit ihm Schullatein,
beiß ihm in sein Ohr hinein,
schleck an seinem Nougatherz
voller Lust und Abschiedsschmerz.

Übrig bleibt ein kleiner Rest.
Bring ihn zum Geburtstagsfest
morgen meiner Schwester mit,
die hat immer Appetit!
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30
Sep
2012

Infantil

In einem schicken Puppenhaus
putzt sich ein Mädelchen heraus
wie die Prinzessin Lillifee
und seine Mama auch, au weh!

Vom Treppenhaus dringt Lärm herein,
dort schmeißt das liebe Brüderlein
sein Holzspielzeug mit lautem Knall
hinab und übt den freien Fall.

Derweil der Papa konzentriert
in seinen neuen Laptop stiert.
Der Highscore beim Computerspiel
ist Papas höchstes Lebensziel.

Dann radeln sie zum Eiscafé,
bestellen Latte, Bubbletee
und Cupcakes, dick mit Zuckerguss,
und Roseneis mit Schokokuss.

Dann fahrn sie auf dem Gehsteig rum
und nieten alle Leute um,
verscheuchen Tauben, oh, wie fein
kann ein Familiensonntag sein!

Man trifft auf dem Prenzlauer Berg
so manchen nervtötenden Zwerg,
mal einen, mal zwei Meter groß.
Du liebe Zeit, was wird das bloß?
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24
Sep
2012

Der Lebensborn der dritten Art

Ein braunes Kindlein wird geboren,
von klein auf klingt in seinen Ohren
ein zackiger Soldatenmarsch,
geblasen aus des Vaters Arsch.

Das Wunderkind wird zum Lateiner,
auf seinem Leibchen von Thor Steinar
prangt groß ein Fennecus Zerda.
Heia Safari Afrika!

Es lernt die dritte Halbzeit kennen,
lehrt die Kanaken, schnell zu rennen,
lernt Gleichschritt gehn im Fackelzug,
weiß, Auschwitz ist nur Lug und Trug.

Es pflegt die Bräuche der Germanen,
folgt blind den schwarz-weiß-roten Fahnen,
dem Rechtsstaat gilt sein Hohn und Spott,
sein blanker Hass dem Judengott.

Schließlich rasiert es sich den Schädel,
nimmt sich ein blondbezopftes Mädel,
man paart sich – und da ist sie schon,
die nächste Generation.

Der braune Schoß mit seinen Kindern
versteht’s, den Volkstod zu verhindern.
Der Lebensborn der dritten Art
ist Treibstoff auf der Höllenfahrt.
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23
Sep
2012

Ringelreihn

Einst hat er mein Herz gebrochen.
Doch kaum war es wieder ganz,
kam er lächelnd angekrochen,
bat mich um den Hochzeitstanz.

Hing der Himmel auch voll Geigen,
tanzt ich auch im weißen Kleid
Hand in Hand mit ihm im Reigen,
blieb am End nur Herzeleid.

Taler, Taler, du musst wandern
immerzu im Ringelreihn.
Er ging fort zu einer Andern
und ich wollt alleine sein.

Nun hör ich aus seinem Munde,
wie er mir von Liebe singt.
Ach, ich weiß, es kommt die Stunde,
da erneut mein Herz zerspringt.

"Frauen stehen auf Faschisten,
auf den Stiefel im Gesicht."
Als wir lila Fahnen hissten,
tönte ich noch: "Nein, ich nicht!"
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20
Sep
2012

Plötzlich

Habe früh Kaffee getrunken,
bin in ein Gedicht versunken,
hab dann im Büro geschlafen,
musste Katerchen bestrafen.

Kaufte ein in aller Eile,
hatte abends Langeweile,
ging in Facebook, um die süßen
Freunde wieder mal zu grüßen.

Und erhielt zu später Stunde
plötzlich eine Schreckenskunde:
Dorothea liegt im Koma,
die doch grade noch so froh war.

Ist schon Zeit, um abzutreten?
Kann nichts tun außer zu beten,
wie es Raphus uns einst lehrte,
denn es träfe die Verkehrte.
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10
Sep
2012

Judenland

Nazi, Antifa, Muslim
werden selten nur intim.
Doch sie reichen sich die Hand,
geht es um das Judenland,

das sich gegen sie verschwor.
Lauthals rufen sie im Chor:
"Macht den bösen Judenstaat
endlich alle, macht ihn platt!

Denn es weiß ein jedes Kind,
dass die Juden Gauner sind,
lange Finger, Nase krumm.
Drum bringt man sie besser um.

Lasset uns die Trommel schlagen
und die Judensau verjagen,
wie es immer schon geschah,
auch mit Hilfe von Allah."
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2
Sep
2012

Kiek ma!

Für Günter Mehlhorn

Kiek ma da, kiek ma an,
tjibtn Dichta, dea heeßt gun,
wenn dea dichtet, isset fun.
Kinnas, watn jroßa Mann!

Dea is schlau, dea is frech,
dea is Schau! Ick schmeeß ma wech,
les ick eenen Limerick
von Mensch Meiers Missjeschick.

Nu is gun uffm Trott
gradewegs zum lieben Jott.
Ooch wenn gun gloobt, et jibt kein,
krichta dochn Heiljenschein.

Kiek ma ruff, kiek ma an,
sitzt da nich dea olle gun
uff ner Wolke dick und fett?
Schmeeß ma runta, dit Sonett!
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24
Aug
2012

II. Hinaus

Und bin doch frei so wie ein Spatz im Wind. -
Früh wollte ich dem engen Nest entfliehen,
mit wilden Schwänen durch die Lüfte ziehen
in Länder, die erst zu entdecken sind.

So träumte ich bereits als kleines Kind.
Der Wunschtraum war schon bald zur Tat gediehen,
ein Bilderbuch rasch aus dem Schrank entliehen
und fort ging’s über Stock und Stein geschwind.

Die Mama weinte sich die Augen aus,
der Papa fragte sich besorgt: "Was tun?"
Drauf liefen beide los, um mich zu finden.

Sie brachten mich am Abend heil nach Haus.
Seitdem sitz ich herum in Reiseschuhn,
bleib nur ganz kurz, um wieder zu verschwinden.
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I. Glückskind - Afortunada

Glückskind

Im tiefen Winter wurde ich geboren.
Wie meinem Sternenbild, dem Capricorn,
wuchs auf der Stirn mir links und rechts ein Horn
und hätte ich kein Fell, wär ich erfroren.

Und hätt ich meine Eltern früh verloren
und hätt nicht mehr zu essen als ein Korn
und spürte jeden Tag nur Hass und Zorn,
wie kalte Kugeln, die das Herz durchbohren,

dann hätt ich keine Ruhe, keinen Frieden,
könnt nicht mal meinen Namen buchstabieren
und wäre auch kein sattes Wohlstandskind.

So ist mir alles Glück der Welt beschieden,
ich habe jede Menge zu verlieren
und bin doch frei so wie ein Spatz im Wind.

Afortunada

Nacida en la temporada invernal,
cual la constelación de capricornio,
sobre la frente me crecían dos cuernos,
y si no tuviera un pellejo, habría muerto de frío.

Y si hubiera perdido a mis padres en tierna edad,
y no tuviera más que un grano que comer,
y recibiera cada día solamente odio y rabia,
como balazos fríos, los cuales atraversan el corazón,

entonces no viviría en paz,
ni siquiera sabría deletrear mi nombre,
y tampoco sería una hija del bienestar.

Así, la fortuna del mundo me sonríe,
tengo mucho que perder,
aunque soy libre como un gorrión en el viento.
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